Fränkisch und frei

Müller-Thurgau & Co.

Eine junge Winzergeneration schöpft das großartige Potenzial fränkischer Lagen aus und verleiht dem traditionsreichen Bocksbeutel ein ganz neues Image. Vier Visionäre im Porträt.


Christian Stahl, Winzerhof Stahl, Auernhofen

Wer seine Einstiegscuvée „Bright Side of Life“ nennt, der hat mit fränkischer Tradition eher wenig am Hut. Auch in der Architektur gilt bei Christian Stahl das Motto: „Weg von der Folklore.“ Nur äußerlich fügt sich der Winzerhof Stahl in den historischen Ortskern Auernhofens im Taubertal, drinnen ist alles zeitgemäß-puristisch. Im ehemaligen Kuhstall entstand eine loftartige Vinothek, wo der Winzer seiner zweiten Leidenschaft nachgeht: dem Kochen.

©Thomas Ruhl

Was er da unter dem Titel „Fränkisch-Cuisine“ auf den Tisch bringt, würde manchem Gourmetrestaurant Ehre machen – und ist ganz nebenbei die beste Art, sich seinen Weinen zu nähern. Die sind eigen, alles andere als fränkischer Mainstream; sein Stil ist geprägt von großer Saftigkeit, aromatischer Tiefe und einem Element, das man als „strahlend“ beschreiben könnte. Stahl machte sich früh einen Namen mit dem ausdrucksstarken Müller-Thurgau „Hasennest“ – er verhalf der vielgeschmähten Rebsorte zu neuen Ehren. Aber auch seine Silvaner, Chardonnays und Sauvignon Blancs sind Weine mit Charakter.

www.winzerhof-stahl.de

Erhältlich zum Beispiel bei www.dallmayr-versand.de

 

Daniel Sauer, Weingut Rainer Sauer, Escherndorf

Auch im Escherndorfer Weingut Rainer Sauer spricht die Architektur Bände: Ins Natursteinhaus von 1890 wurde eine ultramoderne Vinothek hineingebaut. Die Botschaft ist klar: Tradition und Innovation gehen hier Hand in Hand. Seinen ersten eigenen Wein, einen Silvaner (was sonst?), nannte Daniel Sauer „Freiraum“. Nicht zuletzt eine Hommage an seinen Vater, den Silvaner-Spezialisten Rainer Sauer, der sich nicht einmischte, als der Sohn die Trauben fünf Tage lang auf der Maische stehen ließ, ein bis dahin unübliches Verfahren im Haus.

Blick von den Weinbergen auf Escherndorf, ein Ortsteil von Volkach

Heute gehört der „Freiraum“ fest ins exzellente, durchaus klassisch geprägte Sortiment, ebenso wie der „Ab Ovo“ (lat. „aus dem Ei“), eine weitere Idee des Juniors. Als einer der Ersten in Deutschland baute er Wein im Betonei aus. Das poröse Material lässt Luft an den Wein – ähnlich wie beim Barrique, aber ohne den Holzton. So entstehen vielschichtige, lebendige Weine. Sauer ist froh, dass sein Vater das Experiment mittrug: „Wir sind beide Qualitätsfanatiker.“ Und sie haben einen Traum: „Dass der Silvaner für Franken einmal den Stellenwert hat wie der Grüne Veltliner für Österreich.“

www.weingut-rainer-sauer.de

Bezugsquelle: www.vivino.com

 

 Christian Müller, Weingut Max Müller I, Volkach

Ein Blick auf Christian Müllers Unterarm genügt, um zu erkennen, wie ernst es ihm mit der fränkischen Traditionsrebsorte ist: Dort prangt ein Tattoo, das wie ein Mantra für das neue Franken klingt: Main Silvaner Rockt. Wer einmal den vielschichtig-mineralischen Silvaner Alte Reben aus der Paradelage Sommeracher Katzenkopf probiert hat, weiß, was damit gemeint ist.

©Stefan Bausewein

Das Weingut Max Müller I hat seinen Sitz in einem barocken Gebäude mit idyllischem Innenhof im Herzen der Weinbaugemeinde Volkach. Doch bei aller Achtung vor der Tradition geht der Juniorchef eigene Wege: „Früher war Silvaner oft etwas brav und vor allem trinkig. Ich will neue Ecken ausloten, wie man die Rebsorte interpretieren kann.“ Trauben aus den besten Lagen des Hauses baut er im kleinen Holzfass aus: „Ich möchte zeigen, dass die Rebsorte auch das verkraftet.“ Sein Vater war zunächst gegen den Ausbau im Holz, heute ist er stolz auf den Wein „Eigenart“, intensiv und voller Schmelz, mit feinen Röstnoten und einem Hauch Salzkaramell.

www.max-mueller.de

Erhältlich zum Beispiel bei www.gutsweine.com

 

 Philip Luckert, Zehnthof Luckert, Sulzfeld

„Weiß der Himmel, was dieser Weinberg schon alles erlebt hat“, sagt Philip Luckert über die Lage Creutz mitten im Dorf, die anno 1870 mit Silvanerreben bepflanzt wurde. Eine vinologische Rarität, vielleicht sogar die ältesten Silvanerreben weltweit. „Man muss viel Zeit und Liebe in die alten Stöcke hineinstecken, der Ertrag ist sehr überschaubar“, sagt Luckert.

©Andreas Durst

Aber was für ein Wein! Füllig, voller Intensität, am Gaumen lange nachhallend, mal mit Aromen von Wiesenkräutern, mal schmeckt das Mineralische vor. „Franken hat einfach großartige Lagen und geniale Böden“, sagt Luckert, der das Weingut mit seinem Vater Wolfgang und seinem Onkel Ulrich betreibt. Die Böden auf reinstem Muschelkalk sind der größte Schatz des Trios, sie werden ökologisch bewirtschaftet. Alle Weine werden im traditionellen Stückfass aus Spessart-Eiche ausgebaut. Und sie bekommen alle Zeit der Welt, um zu den cremigen, dichten, fast burgundisch mundfüllenden Gewächsen heranzureifen, für die Weinfreunde gern in die kopfsteingepflasterte Idylle von Sulzfeld fahren.

www.weingut-zehnthof.de

Erhältlich zum Beispiel bei www.weinhalle.de

 

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