Kapitaler Genuss

Südafrikas food-hauptstadt

Hier boomt nicht nur die Weinszene: Kapstadt ist dabei, sich zu einer der spannendsten Gourmetmetropolen weltweit zu entwickeln – multiethnisch, genussorientiert und innovativ.


Höher, immer höher windet sich die Straße, Kurve um Kurve. Ringsum nur Grün, und dann plötzlich, hinter einer Biegung: La Colombe, Südafrikas berühmtestes Restaurant. Es liegt, wie viele der besten Fine-Dining-Adressen am Kap, auf einem Weingut, dem Silvermist Wine Estate. Schon der Rahmen verschlägt Erstbesuchern den Atem: Beim Betreten des hellen, lichten Speisesaals öffnet sich der Blick ins Grün, auf Bäume und die Weinberge von Constantia. Man hat das Gefühl, über den Baumwipfeln zu schweben – und ein wenig über den Dingen. Auch am Tisch erlebt man im Lauf des Abends viele Überraschungen. Das reicht vom Charcuterie-Wagen mit seinem Angebot von zehn verschiedenen hausgemachten Schinken, Würsten und Patés bis zum neuen Weinkeller, in den die Gäste vor dem Hauptgang eingeladen werden, um ein ganz besonderes Glas zu verkosten.

La Colombe; Foto: Andrea van der Spuy

Das Menü selbst ist ein Showcase (süd-)afrikanischer Produkte, die vor dem Essen am Tisch präsentiert werden: Yellowfin-Thunfisch vom Western Cape als Signature Dish des Hauses, serviert mit Küchenchef James Gaags „Secret Sauce“, von der nur die Zutaten Galgant, Zuckerrohr und Fingerlime verraten werden. Oder Red Crab aus Namibia, die mit Gelbschwanzmakrele, süsslich-scharfer Naam-Jim-Sauce und Kaviar aus Madagaskar (vom einzigen in Afrika gezüchteten Stör) auf den Tisch kommt. Und schließlich Jumbo-Wachtel und Crayfish von der Ostküste für die südafrikanische Version von Surf&Turf.

La Petit Colombe; Fotos: Andrea van der Spuy 

Wer hier keinen Tisch bekommt (frühzeitig reservieren!), für den gibt es eine lohnende Alternative: La Petite Colombe, sozusagen die kleine Schwester, die kulinarisch ebenfalls in der obersten Liga mitspielt. Das Restaurant liegt am Rand des Weinbaustädtchens Franschhoek auf dem Weingut Leuu Estates. Der Weg führt vorbei an Weinbergen, Olivenhainen und üppig blühenden Bougainvillea-Sträuchern. Mitten in diesem Garten Eden liegt in einem Pavillon mit verglaster Front das sehr zeitgemäß gestylte Restaurant. Hier kocht der erst 28-jährige Peter Duncan, ein großes Talent.

Fisch und Meeresfrüchte prägen das Menü – Duncans Vater war Fischer. Schon als kleiner Junge half er, Makrele und Thunfisch zu putzen. Der Abend startet mit Austern aus der Saldanha Bay oder Schwertfisch-Tataki mit Limette und Chipotle. Und er gipfelt im handgeangelten Wolfsbarsch von Mauritius mit Viskop-Chowder, einer cremigen Fischsuppe mit Meeresfrüchten, geräucherten Muscheln und Chorizo. Man löffelt sie wie eine intensiv aromatische Wundertüte, jeder Bissen schmeckt anders nach Meer. Für Duncan ein hoch emotionales Gericht, „meinem Vater gewidmet“.

Chefs Warehouse Beau Constantia; Fotos: Claire Gunn, Restaurant

Wie sehr die boomende Weinkultur am Kap innovative Gastronomie fördert, zeigt sich auch im Chefs Warehouse auf dem Weingut Beau Constantia. Auf der Terrasse ist der Ausblick, der über die Weinberge bis zum Ozean reicht, so spektakulär, dass er dem Essen fast die Schau stiehlt. Fast, denn Chef-Patron Ivor Jones zählt zu den gefeierten Talenten der Kap-Szene. Aus der offenen Küche schickt er kleine Teller zum Teilen, randvoll mit frisch Geerntetem aus den eigenen Gärten, globalen Aromen und dem einen oder anderen Fine-Dining-Kniff. Beef Tatar mit Hühnerleberparfait und sämiger Pilzcreme isst man zu typisch südafrikanischen Amadombolo-Buns; handgeangelte Makrele mit über Holzkohle gegrillten Garnelen und japanisierter Sauce Vierge. Beeindruckend auch die Weinkarte, die große Namen mit New-Wave-Winzern vom Kap mischt.

Kulissenwechsel von den grünen Hügeln des Wine Country in Kapstadts Zentrum, dort wo es ein bisschen an Lower Manhattan erinnert. Hier liegt, im fünften Stock eines Bürogebäudes, Peter Tempelhoffs FYN. Definitiv das „most talked about“ Restaurant der Stadt, spätestens seit er im vergangenen Jahr vom „50 Best Restaurants“-Ranking ausgezeichnet wurde. Tempelhoff ist ein bekannter Name am Kap, er gilt als Pionier der Locavore-Bewegung. Sein Menü im Fyn mischt lokale Produkte mit japanischen Einflüssen, es ist ein Fest der Aromen und Texturen, von Krabben aus Mosambik auf Algengemüse bis zum Cape Wagyu mit Shiso und Karotten-Daikon-Salat.

Restaurant FYN 

Im loftartigen, ganz in Schwarz gehaltenen Restaurant mit offener Küche erleben die Gäste hautnah mit, wie die Gerichte entstehen: Springbok aus Kwazulu Natal wird unter Haselnuss-Parmesan-Kruste gebraten, dazu serviert Tempelhoff cremiges Selleriepüree und ein Kompott von Äpfeln aus der Anbauregion Elgin östlich von Kapstadt, neuerdings für ihre Cool-Climate-Weine gefeiert. In der Wildsauce ist etwas Bergsalbei verarbeitet, dessen ätherische Noten die Umamikraft des Gerichts noch unterstreicht. Und was trinkt man dazu? Natürlich einen gereiften Pinotage, die rote Rebsorte Südafrikas.

Wie essverrückt die „Capetonians“ sind, erlebt man hautnah im restaurierten Hafenviertel Victoria & Albert Waterfront, wo sich Restaurants, Cafés und Bars nur so drängen. Die beste Adresse ist das PIER Restaurant direkt am Wasser in einem restaurierten Bootshaus. Der Blick auf die Schiffe konkurriert mit John Norris-Rogers’ hochkarätigem Menü, das besten lokalen Produkten noch die letzte aromatische Nuance entlockt. Highlight: am Tisch vor den Augen der Gäste sekundenkurz pochierte Saldanha-Bay-Austern.

 

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