Gut mit Gästen

Hotels mit Landwirtschaft

Farm-to-Table ist für immer mehr Hotels keine Marketingfloskel, sondern gelebte Nachhaltigkeit. Gäste schätzen die Nachvollziehbarkeit und sind neugierig, vor Ort zu erleben, wo ihr Essen herkommt. Wir haben Vorzeigebetriebe in Deutschland und Österreich besucht.


Ole Liese

Gut Panker, Schleswig-Holstein


„Wir freuen uns, wenn die Gäste Interesse an der Landwirtschaft zeigen“, sagt Achaz von Wintzingerode, als Gutsdirektor für die 2.300 Hektar von Gut Panker zuständig, in das Hotel und Restaurant integriert sind. Vor allem Futtergetreide wie Weizen, Gerste und Hafer wird auf dem historischen Besitz angebaut, aber auch eine Pferdezucht und Fischteiche gehören zum Anwesen. Die Landschaft lädt zum Spazierengehen ein, vom Hessensteinturm schaut man bis zur Ostsee. Auf alten Streuobstwiesen wachsen fast vergessene Sorten wie der Weiße Winterglockenapfel oder Kirschen mit dem schönen Namen „Große Prinzessin“. Und mitten im Haferfeld steht eine Bank, auf der man in der warmen Jahreszeit den Bienen, Hummeln und Schmetterlingen zusehen kann – sie profitieren von einem Blühstreifenprojekt, saugen Nektar von eigens gepflanzten Wicken, Ringelblumen und Lupinen.

Keine Frage, dass auch die Küche von der Natur ringsum profitiert: „Wir leben hier auf einem über Jahrhunderte gewachsenen Landgut“, sagt Küchenchef Volker Fuhrwerk. Das spiegelt sich auf seinen Tellern wider: „Im Gourmetrestaurant 1797 stammen bis zu 80 Prozent der Produkte von hier.“ Darunter Gemüse und Kräuter aus dem großen Küchengarten, Fichten- und Tannentriebe oder natürlich der schön mürbe Rehrücken aus dem nahen Forst, den Fuhrwerk mit Zwiebelpüree, Zwiebel-Schalotten-Gelee und Rote Bete begleitet.

www.oleliese.de


Hotel Hohenhaus

Herleshausen, Nordhessen


© Torsten Pross

Kaum ein deutscher Koch kann beim Thema Wild so aus dem Vollen schöpfen wie Peter Niemann, Chef de Cuisine und Direktor im Schlosshotel Hohenhaus. Zu dem idyllisch im Grünen gelegenen Haus in Nordhessen gehören nicht nur über 80 Hektar Landwirtschaftsfläche, sondern auch 1.600 Hektar Wald und Wiesen. Eigene Jäger schießen auf Bestellung für die Küche Rehe, Wildschweine und sogar Krähen, ihr Fleisch reift im eigenen Wildschlachthaus. Auch sonst setzt man, wo möglich, auf Selbstversorgung: Auf eigenen Weiden grasen Rinder und Schweine, 65 Bienenvölker leben in der Imkerei, Obst und Gemüse, ja selbst der Weizen fürs hausgebackene Brot wächst rundum. Zum Haus gehören auch drei eigene Mineralwasserbrunnen. Klar, dass die Küche ganz von der umliegenden Natur inspiriert ist: Zart geschmortes Kalbsbäckchen wird von Kohlrabi, Karotte mit Lavendelbutter, winzigen Pfifferlingen, gebackenem Kalbsbries und einer perfekt reduzierten Jus begleitet. Zum süßen Abschluss gibt’s Mandelkuchen mit gutseigenen Kirschen und Holunderblüten.

www.hohenhaus.de

© Torsten Pross


Wiesergut

Saalbach-Hinterglemm, Salzburger Land


Bild 1: © Rainer Hofmann

„Urlaub auf dem Bauernhof de luxe“, so umschreibt Wiesergut-Chef Sepp Kröll das Konzept seines Hauses. Im Designhotel am Fuß des Zwölferkogels übernachtet man in einer von 24 großzügig geschnittenen Suiten und erlebt hautnah mit, wie Lebensmittel wachsen und entstehen. „Die Ehrlichkeit der Grundprodukte ist uns wichtig“, sagt der studierte Agronom Kröll. Er züchtet selbst Pinzgauer Rinder, eine alte, vom Aussterben bedrohte Rasse. Die Tiere sind geländegängig, perfekt angepasst an das Leben in den Bergen. „Meine Girls“ nennt Kröll die 45 Rinder, die sich jeden Sommer auf der eigenen Alm von Wildkräutern und -blumen ernähren, im Winter fressen sie Heu von eigenen Wiesen. Kein Wunder, dass das Wiener Schnitzel beim Abendessen besonders gut schmeckt: Das Fleisch kommt vom Pinzgauer Milchkalb, die Panade ist extrafein souffliert, die Eier dafür stammen von eigenen Hühnern.

Bilder ©: 1 Kottal; 2 -5 Hari Pulko; 6 Günter Standl

Die Zutaten für die feinwürzigen Wildkräutersalate wachsen im Gemüsegarten des Hauses, auch das Obst für die hausgemachten Marmeladen und Kuchen stammt aus eigenem Anbau. Kröll, selbst auch Jäger, ist überzeugt: „Die Gäste schätzen unsere Art von ehrlicher Gastronomie.“

www.wiesergut.com


Stanglwirt

Going am Wilden Kaiser, Tirol


Der eigene Bio-Bauernhof ist schon immer Teil des Fünf-Sterne-Hauses vor der imposanten Kulisse des Wilden Kaiser. 95 Hektar Grünland und 52 Hektar Almen bieten Platz für rund 130 Tiere, von Rindern und Schafen über Hühner bis zum eigenen Lipizzaner-Gestüt. Aus der hauseigenen Metzgerei kommen Tiroler Speck oder Kaminwurzen, auf der „Stangl-Alm“ in 1340 Meter Höhe macht man Käse wie anno dazumal: Über offenem Feuer wird die Rohmilch im riesigen Kupferkessel erhitzt, mit groben Tüchern der Käse abgeschöpft und zu Laiben geformt. Auf dem üppigen Frühstücksbüfett finden Gäste hausgebackenes Brot und reines Wasser aus eigener Quelle. Und wenn abends Forelle Müllerin Art serviert wird, mit Petersilienkartoffeln und duftender brauner Butter ein Klassiker des Hauses, dann ist es für Juniorchef Johannes Hauser Ehrensache, dass die Fische aus eigenen Gewässern stammen: „Unsere Bäche halten wir so naturnah wie möglich, pflegen die wilden Uferlandschaften und verzichten auf künstlichen Besatz.“ Bei den Gästen kommt der minimale ökologische Fußabdruck so vieler Produkte gut an, beobachtet er: „Die Menschen achten wieder auf das Regionale und Echte.“

www.stanglwirt.com

 

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