Der Kreis schließt sich

asiatische Esskultur

Singapurs Streetfood-Szene ist nicht nur UNESCO-Weltkulturerbe, sie inspiriert auch die Spitzenköche der Stadt. Eine kulinarische Tour, von der Garküche bis ins Zwei-Sterne-Restaurant.


Als Alvin Leung – blau gesträhnte Haare, getönte Nickelbrille, seines Zeichens Superstar-Chef aus Hongkong – Inspiration für sein Restaurant 15 Stamford suchte, wusste er genau, wo er sie finden würde: in den Garküchen der Stadt. Er reihte sich in die Schlange ein, die sich jeden Mittag in Chinatown vor einem einfachen Imbiss namens Tian-Tian bildet. Oft über eine Stunde lang warten die Hungrigen, um einen Teller des legendären Chicken Rice mit zart pochiertem Huhn, in herzhafter Brühe gegartem Reis und dem geheimen Dressing des Hauses zu ergattern. Leung fuhr auch nach Katong, dem alten Viertel am Meer, wo in pink, pastellgrün oder quietschgelb angestrichenen alten Shophouses köstlich duftende Laksa über die Theke gereicht wird, die aus Seafood, Kokosmilch und Laksablättern stundenlang geköchelte Lieblingssuppe der Stadt. „Magic stuff“, so beschreibt der Zwei-Sterne-Koch, der sich gerne als „Demon Chef“ feiern lässt, die großartige Streetfood-Szene Singapurs. Sein 15 Stamford im Hotel The Capitol Kempinski ist eine einzige Liebeserklärung an die Kunst der Garköche Asiens. Mit dem entscheidenden Vorteil, dass man im großzügigen Restaurant von edlem Porzellan essen darf anstatt von Plastiktellern, und das ohne vorher endlos Schlange stehen zu müssen. 

In der offenen Küche des 15 Stamford bringt Leungs Küchenteam die Woks zum Qualmen. Hier entstehen seine Interpretationen bester fernöstlicher Aromen: „Meine Ideen kommen aus ganz Südostasien, von Korea über Thailand bis Singapur.“ Leungs Laksa ist nicht so brüllend scharf wie auf der Straße, dafür aber mit knackigen Tiger Prawns bestückt, mit Garnelenöl gewürzt und mit einem in Jasmintee geräucherten Wachtelei garniert, das im Inneren noch so flüssig wie ein japanisches Onsen-Ei ist. Seinen Chicken Rice richtet er mit zart gegrilltem Bio-Huhn an, für den Reis mischt er junge mit gereiften Körnern, sodass sich eine kontrastreiche Konsistenz ergibt, und lässt am Tisch getrocknete Abalone, die chinesische Kult-Seeschnecke, über das Ganze hobeln.

Wie Alvin Leung finden viele Spitzenköche der Stadt Inspiration in den Hawker Centres. So nennt man die bunten Markthallen, wo sich jeweils hunderte von Garküchen drängen. Nicht nur die Hygiene lässt sich so besser kontrollieren als auf der Straße, für Besucher haben diese typischen Singapurer Institutionen auch den Charme, dass man sich hier einmal durch ganz Asien essen kann. Zum Beispiel das Tekka Food Centre im Herzen von Little India, ein Frontalangriff auf alle Sinne. Hier liegt der Stand von Li Rufang, die einen Job im Finanzbereich aufgab, damit die Nudelsuppe mit Garnelen ihrer Eltern nicht ausstirbt.  

545 Whampoa Prawn Noodles, so steht es in roter Leuchtschrift über dem winzigen Stand. Jede Nacht setzt die junge Garköchin schon ab zwei Uhr die Brühe für ihre Nudelsuppe mit den Garnelenkarkassen frisch an. Morgens um sieben Uhr stehen die ersten Stammgäste Schlange. Die Garnelen kauft Li Rufang direkt beim Fischer, erst kurz vor dem Servieren gibt sie die frischen Nudeln in die Suppe, zwei Sorten, dicke gelbe aus Weizenmehl und feine Vermicelli aus Reismehl. Dazu kommt knusprig frittierter Knoblauch, Ketchup und jede Menge Chilischärfe, ganz knapp unter der Schmerzgrenze. Ein großer Genuss für umgerechnet 3,50 Euro.  

Seit immer mehr junge Hawker wie Li Rufang etablierte Garküchen weiterführen, mehren sich neue, zeitgemäße Konzepte – zum Beispiel im Amoy Street Food Centre im CBD. Hier liegt A Noodle Story, dessen Inhaber kantonesische Nudelsuppen-Kultur mit japanischen Ramen kreuzen oder Big Bowls Project, dessen muslimische Betreiberinnen sich auf Poke Bowls in Halal-Varianten spezialisiert haben. Und selbst das Thema Specialty Coffee ist hier angekommen: Bei Coffee Break serviert man nicht nur den lokalen „Kopi“, obligatorisch mit süßer Kondensmilch, sondern auch coole Latte-Varianten wie Caramel Rum, Seasalt Mint oder Butter Pecan.

Nicht erstaunlich also, dass Singapurs Hawker-Kultur, seit Ende 2020 als UNESCO Weltkulturerbe geschützt, immer mehr Spitzenköche der Stadt inspiriert. Im Labyrinth, (ein Michelin-Stern) entwickelt der junge Küchenchef Han Liguang lokale Streetfood-Klassiker kreativ weiter. Zum Beispiel den beliebten Rojak-Salat, den er in einer stylishen Holzschüssel, mit einem Dutzend Kräuter und essbaren Blüten, alle in Singapur gewachsen, dazu Jackfruit-Sorbet. Für feines Süße-Säurespiel sorgt heimischer Honig, der leicht fermentiert wurde. Und auch bei ihm gibt es ein gewitztes Spiel mit der Streetfood-Ikone Chicken Rice: Er kommt als knusprig gebratenes Chicken Wing auf den Tisch, gefüllt mit japanischem Nanatsuboshi-Reis, schwarzem Trüffel und Champignons. Zum Dippen gibt es Ingwer-Knoblauch-Sauce – das ist Streetfood 2.0.  

 

FRISCH AUFGEBETTET

In diesen brandneuen Hotels wird die singapurische Gastfreundschaft zelebriert


Die Löwenstadt präsentiert im Jahr 2023 zahlreiche neue Luxushotels. Nach Anwesen in London, Perth, auf Bali sowie den Turks- und Caicosinseln eröffnet die singapurische Modeschöpferin Christina Ong auch in ihrer Heimat eines ihrer Como Hotels. Das von Paola Navone entworfene Como Metropolitan Singapore befindet sich in der Nähe des Einkaufsviertels und verfügt über 156 Zimmer und Suiten sowie ein koreanisches Steakhouse, eine französische Patisserie, einen Rooftop-Pool und ein weitläufiges Como Shambhala Spa.

Ein weiterer bemerkenswerter Neuzugang ist das Mondrian Duxton Hill, ein Boutique Hotel, das sich an der Architektur und Geschichte von Singapurs Chinatown orientiert. Das Hotel ist mit hochkarätigen zeitgenössischen Kunstwerken dekoriert. Zu den weiteren Highlights gehören ein Rooftop-Pool mit kalifornischem Flair, ein italienisches Restaurant und drei Bars.

Neu ist auch das Pan-Pacific Orchard, ein Wolkenkratzer mit nachhaltigem Konzept, luftigen Dachgärten, Wasserspielen und 120 Meter hohen Säulen aus tropischen Schlingpflanzen. In diesem Jahr eröffnet noch das The Standard mit 143 farbenfrohen Zimmern und einem partytauglichen Swimmingpool; ein von Philippe Starck entworfenes Edition Hotel; das erste Artyzen Lifestyle-Hotel außerhalb Chinas und das Mandarin Oriental Singapore, das bis zum Ende des Jahres von Grund auf erneuert wird.

 

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Maria Müller
centurioncard@aexp.com
Tel. 0800-0100-911


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